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Mit voller Energie in eine dekarbonisierte Zukunft in der Region

Das Regionalwerk Chiemgau-Rupertiwinkel gKU ist ein Zusammenschluss von anfangs 16 und mittlerweile stattlichen 31 Gemeinden und Städten in den vier Landkreisen Berchtesgadener Land, Traunstein, Altötting und Rosenheim, mit dem Ziel das Thema „Energie“ wieder ein Stück weit in die Hand der Kommunen zu legen.

Vor Ort soll die Energiewende gestaltet und vorangetrieben werden. Unser langfristiges Ziel ist es, das Thema Strom und Energienetze,  auch Stromnetze bis zum Mittelspannungsbereich, vollständig in unsere kommunale Hand zu bekommen und große Wärmenetze sowie regionale Wärmeverbünde aufzubauen. Die Kunden des Regionalwerks sind Landkreise, Städte und Gemeinden sowie Unternehmen und Privatpersonen, die regenerative Energiequellen zur Verfügung stellen bzw. diese als Endkunden nutzen möchten.

Das Regionalwerk Chiemgau-Rupertiwinkel gKU

Träger/Mitgliedsgemeinden:

Anger, Breitbrunn a. Chiemsee, Feichten a.d. Alz, Fridolfing, Grabenstätt, Halsbach, Inzell, Kastl, Kienberg, Kirchanschöring, Kirchweidach, Marktl, Marquartstein, Obing, Palling, Petting, Piding, Pittenhart, Prutting, Saaldorf-Surheim, Schnaitsee, Taching a. See, Teisendorf, Tüßling, Tyrlaching, Unterneukirchen, Waging a. See

sowie die Städte:

Altötting, Laufen, Tittmoning und Trostberg

dunkelblau: Gründungskommune

hellblau: Beitrittskommune

Konzerne und globale Player bestimmen das Geschehen - oft auch vor Ort!

Bereits vor mehr als vier Jahren, im Jahr 2015, erkannten wir in unserer Region, dem Rupertiwinkel, dass wir als Gemeinden wahrscheinlich alle zu klein sein werden, um bei dem Thema nachhaltige Energie und dezentrale Energiewende wirklich etwas Substanzielles bewirken zu können.

Dazu kam noch das aufkommende Gefühl in der Gesellschaft, dass ein immer größer, immer mächtiger werden und immer noch mehr Globalisierung, gerade in den Bereichen der Daseinsvorsorge für uns vor Ort, nicht der richtige Weg sein wird.

Viele Entscheidungen im Bereich der Energieversorgung werden im Moment noch immer weiter entfernt getroffen und vor allem auf Entscheidungsgrundlagen und mit Zielen, die für uns nicht immer als richtig eingeordnet werden können. Dass dies so ist, liegt vor allem an der massiven Privatisierungswelle in den vergangenen Jahrzehnten. Die Mechanismen des Marktes wurden uns lange als die alleinseligmachende Antwort auf alle Fragen für viele Handlungsfelder und ursprünglichen Aufgaben der öffentlichen Hand angepriesen. Ich erinnere hier nur an Post, Bahn, Telekommunikation oder das Gesundheitswesen!

Zug um Zug aber macht sich auch in der kommunalen Familie Unmut breit. Denn allzu oft sind wir es vor Ort, die sich mit den Mängeln des Marktes herumschlagen müssen. Ist man im Bereich der Daseinsvorsorge im Umfeld der Metropolen und größeren Städte auch nach der Privatisierung meist noch relativ gut versorgt, weil eben hier genügend Marktpotenzial vorhanden ist, so schaut es in weiten Bereichen des ländlichen Raums schon problematischer aus.

Ein aktuelles Beispiel hierzu ist in meinen Augen der Ausbau der Breitbandversorgung. Mittlerweile ist es so, dass ländliche Kommunen oft nicht einmal mehr Angebote bekommen, wenn sie entsprechende Ausbauausschreibungen veröffentlichen.

Für die einschlägigen Anbieter ist der Markt eben nicht interessant genug. Und selbst wenn ein entsprechender Ausbau dann durchgeführt wird, muss dieser mit Millionen Euros an Fördergeldern des Staates und einem erheblichen finanziellen Aufwand der Kommunen erfolgen. Und am Ende hat die öffentliche Hand eine private Infrastruktur zu finanzieren. Eine Infrastruktur, die sich ohne die Privatisierungskampagnen vor vielen Jahren, jetzt noch in öffentlicher Hand befände. Dann aber hätte die öffentliche Hand mehr Einfluss und könnte tatsächlich bestimmen und festlegen, wie der Ausbau stattzufinden habe. Wäre diese Privatisierungswelle nicht mit solcher Gründlichkeit vorangetrieben worden, dann wären die wichtigsten Elemente der Daseinsversorgung wahrscheinlich noch in öffentlicher Hand und wir alle wären weniger abhängig von Entscheidungen in den Vorstandsetagen von wenigen großen Marktteilnehmern.

Die großen Vorteile der Privatisierung sind bei vielen von uns in vielen Bereichen eben nicht angekommen.

Und so ergibt sich ein allgemeines Gefühl der Abhängigkeit im Bereich der Daseinsvorsorge, die ja eigentlich ein Kernelement des kommunalen Handelns sein sollte. Wie sollen denn Kommunen und der Staat für gleichwertige Lebensbedingungen sorgen können, wenn ihnen am Ende die entsprechenden Hebel fehlen und Stellschrauben nicht zur Verfügung stehen?

Selbst wenn man wie jetzt über Förderkulissen dann die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen versucht, wenn aber die privaten Betreiber der Daseinsvorsorgeeinrichtungen andere Vorstellungen zum Geschäftsmodell haben, wird es schwierig!

Und dieses Gefühl der Unzulänglichkeit spürt man auch in der Bevölkerung.

Aber was kann man als kleine Gemeinde, eine von über 2000 in Bayern, schon machen?

Genau hier setzt nun die Idee an: Alleine werden wir keine Chance haben uns im Bereich der Energie wirklich zukunftsfähig aufzustellen. Nur in einem kommunalen Verbund haben wir die Möglichkeit über solche Themen nachzudenken.

Für mich entscheidend waren dabei die ersten Schritte im Bereich der Geothermie in unserer Gemeinde. Schnell wurde uns klar, dass wir hier eine Energiequelle vor Ort zur Verfügung haben könnten, die weit über den Bedarf einer Gemeinde wie Kirchanschöring hinausgehen wird. Und wir machten uns intern schon Gedanken, wie wir als Kommune hier gestaltend tätig werden können. Doch das Aufsuchungsrecht schnappte uns schon damals die Salzburg AG weg.

Dennoch ist es gelungen als kleine Kommune einen vernünftigen Kooperationsvertrag auszuhandeln. Wir wurden zwar anfangs nicht immer als Partner auf Augenhöhe wahrgenommen, aber Zug um Zug näherte man sich dann doch an.

Was hat das aber jetzt mit einem Regionalwerk zu tun?

Ich bin überzeugt, dass wir als Regionalwerk, einem Verbund von mehreren Kommunen, von Anfang an ein stärkeres Gewicht im gesamten Projektverlauf einbringen hätten können und vieles weniger mühsam abgelaufen wäre. Doch viel entscheidender ist die Erkenntnis, dass es sich bei Projekten wie diesem um Dimensionen handelt, die kleinere Kommunen nicht allein stemmen können, bzw. aus dem Blickwinkel einer einzelnen Kommune selbst die bestehenden Möglichkeiten oft gar nicht erkennbar sind. Hierbei geht es nicht nur um die finanzielle Seite, sondern, wie im Fall der Geothermie, ist es die schiere Menge an Energie, die hier zur Verfügung stehen kann. Dieses Ausmaß ist für eine einzelne Kommune in unserer Region nicht bearbeitbar. Selbstverständlich gibt es auf Landkreisebene ambitionierte Klimaschutzziele und viele gute Ansätze. Doch die Umsetzung bleibt letztendlich den Kommunen überlassen. Dem Landkreis sind hier oft auch rechtlich die Hände gebunden.

Wir hätten nun also folgende Situation:

  • In absehbarer Zeit werden - aus unserer Einschätzung zum Glück - Geothermiestandorte erschlossen sein. Die sind jedoch oft nur auf eine Stromgewinnung ausgelegt und verfügen über Wärmekonzepte, die sich nur in einem räumlich ganz eng beschränkten Umkreis ohne nennenswerte Wärmesenke bewegen.
  • Die Versorgung dieser geothermalen Wärme ist aber auch der Schlüssel zur Wärmewende. Ohne die Möglichkeit der Versorgung würde es in den meisten Fällen keine Bohrung geben - und ohne eine erfolgreiche Bohrung wird es keine Fernwärmenetze in der entsprechenden Dimension geben.
  • Irgendwann aber wird die Versorgung durch den Auslauf der Förderung unwirtschaftlich und die Betreiber werden alternative Nutzungsmöglichkeiten für die Energie suchen.
  • Ohne das Engagement der Kommunen und der öffentlichen Hand wird dann diese Art der Energieversorgung, die Wärmeversorgung, wieder einmal dauerhaft in privater Hand bleiben. Die Interessen werden dabei oft durch die Investoren und die meist großen Energiekonzerne gesteuert.

Darum benötigen wir als Kommunen jetzt ein starkes Werkzeug, um uns dieser Herausforderung stellen zu können. Nur gemeinsam wird es uns gelingen eine dezentrale Wärmewende vor Ort für unsere Bürgerinnen und Bürger zu etablieren, die nicht rein profitorientiert bestimmte Kennzahlen von Investoren erfüllen muss.

Und man darf sich hier nicht scheuen auch einmal etwas größer zu denken. Es geht nicht nur darum eine Wärmeversorgung direkt rund um die Wärmequellen zu errichten, sondern darum eine regional vernetzte Wärmeversorgung aufzubauen.

  • Ein Vernetzen von großen Wärmequellen untereinander, um Redundanzen zu erreichen,
  • eine Vernetzung mit großen Wärmesenken, wie z.B. großen Siedlungsgebieten oder Gewerbearealen
  • und dann die Verteilung hinter diesen „Wärmeautobahnen“ in kleineren, lokalen, im besten Fall kommunalen Nahwärmenetzen.

Das Ganze kann unter dem Dach des Regionalwerks Chiemgau Rupertiwinkel passieren.

Das ist im Moment sicher noch eine Art Vision und ein Fernziel. Doch jetzt haben wir mit dem Regionalwerk Chiemgau-Rupertiwinkel eine kommunale Plattform errichtet, mit der sich so etwas überhaupt erst einmal andenken lässt und entsprechende Strategien entwickelt werden können.

Das Regionalwerk soll sich aber nicht nur um Wärme aus Geothermieanlagen kümmern

In der Machbarkeitsstudie, die der Gründung des Regionalwerks vorausgegangen ist, wurden aber noch viele weitere Handlungsfelder untersucht, die von den beteiligten Kommunen als Vorschläge eingebracht wurden. Ein zentraler Punkt war dabei von Anfang an auch die Unterstützung von Anlagenbetreibern von PV-Anlagen oder Biogasanlagen nach dem Auslaufen der EEG-Förderungen. Hier gilt es gemeinsam Lösungen zu finden, um diese Anlagen, die meist noch gut funktionieren, nicht vom Netz nehmen zu müssen.

Eine wichtige Hilfestellung soll das Regionalwerk den beteiligten Kommunen auch bei der Erstellung von sogenannten Arealnetzen bieten. Gerade bei der energetischen Quartiersentwicklung ist das Wissen vor Ort sehr wichtig und kann über diese Plattform vielen Partnerkommunen zur Verfügung gestellt werden.

Und der kommunale Aspekt kommt gerade hier besonders zum Tragen. Gilt es doch bei Quartiersentwicklungen städtebauliche und soziale Aspekte mit dem energetischen Ansatz zu verbinden. Hier eröffnet sich ein hochinteressantes Betätigungsfeld für nachhaltiges kommunales Handeln.

Aber ebenso können Dienstleistungen, wie die Wartung kommunaler Anlagen, sei es Heizungen, Lüftungen oder andere technische Anlagen, mittelfristig vom Regionalwerk abgedeckt werden.

Oder aber Unterstützung bei der Abrechnung von Mieterstromanlagen kann in Zukunft ein wichtiger Faktor für die Energiewende vor Ort werden. Damit können dann z.B. auch Mieter von PV-Anlagen auf den Dächern von Geschosswohnbauten profitieren und ein weiterer Baustein durch die Nutzung von großen Dachflächen für eine dezentrale Energieversorgung kann bereitgestellt werden.

Aber auch die Errichtung von eigenen regenerativen Energiegewinnungsanlagen und der Verkauf von regionaler, regenerativer Energie ist Teil des angedachten Geschäftsmodells.

Fazit

Es handelt sich also um einen großen Strauß an Möglichkeiten für die beteiligten Kommunen, aus dem sie durch das neue Regionalwerk Chiemgau-Rupertiwinkel auswählen können.

Aber auch dabei gilt, wie bei vielen unserer gemeinsamen Initiativen: Jeder kann - aber niemand muss!

Jede Kommune entscheidet am Ende eben für sich selbst, welche Optionen für den eigenen Wirkungskreis aus dem Portfolio des Regionalwerks genutzt werden sollen.

Der Charme dieser Idee liegt zudem bei der Wertschöpfung vor Ort, direkt bei den kommunalen Partnern. Vor Ort wird entschieden, was konkret gemacht wird. Vor Ort können wir über die strategische Ausrichtung dieses Regionalwerks entscheiden. Dabei entscheidet der Verwaltungsrat, ein Gremium, in dem jede beteiligte Kommune eine Stimme besitzt, ob die reinen finanziellen Kennzahlen über den Erfolg des Regionalwerks entscheide. Oder ob nicht auch andere zukunftsorientierte Merkmale, wie z.B. Gemeinwohlkriterien oder die nachhaltige Ausrichtung des Unternehmens nicht mindestens eine ebenbürtige Wertigkeit bei der Beurteilung des Unternehmenserfolges besitzen.

Zugegeben war es bis zu diesem Meilenstein der offiziellen Gründung ein weiter Weg und es liegt noch eine weite Wegstrecke vor uns, bis wir all die Erwartungen erfüllen werden können, die im Moment auf das Regionalwerk Chiemgau-Rupertiwinkel projiziert werden.

Aber der Anfang ist gemacht und das Fundament ist angelegt!

Als Verwaltungsratsvorsitzender des neuen Regionalwerks Chiemgau-Rupertiwinkel und Kirchanschöringer Bürgermeister freut es mich, dass das gemeinsame Kommunalunternehmen zudem seinen Sitz bei uns in der Gemeinde Kirchanschöring hat.

Jetzt liegt es an uns, die Chancen, die wir uns erarbeitet haben, zu nutzen und in den nächsten Jahren etwas Außergewöhnliches zu erschaffen.

Ihr

Hans-Jörg Birner
Verwaltungsratsvorsitzender
Bürgermeister Gemeinde Kirchanschöring